Das Attentat auf Reinhard Heydrich
Im September 1941 willigte der stellvertretende SS-Kommandeur und persönliche Favorit von Hitler, Reinhard Heydrich, der ein Vordenker des Holocausts war, ein, den ineffektiven Otto Neurath als tschechischen Gouverneur zu ersetzen. Heydrich verstand die Rolle, die das von den Nazis gegründete Protektorat Böhmen und Mähren in den Kriegsanstrengungen Deutschlands spielte, genau, denn das stark industrialisierte Gebiet war der Standort von zwei der größten Rüstungsbetriebe in Europa – einer in Brünn und der andere in Pilsen.
Als eine Reihe von Sabotageakten so aussah, als würden sie die Versorgung der Ostfront unterbrechen können, kam ein konzentrierter Heydrich mit einem ominösen Zuckerbrot und Peitsche-Plan nach Prag. Während er die Leistungen für Arbeiter erhöhte – durch Umwerbung der tschechischen Arbeiterklasse mit Schuhen, Kuraufenthalten und Fleisch – schlug er heftig gegen die geringsten Anzeichen von Opposition oder gegen verbotene wirtschaftliche Aktivitäten zu.
Gleichzeitig begegnete die tschechische Regierung einer Glaubwürdigkeitskrise in den Augen von Großbritannien. Nachdem die Briten das Münchner Abkommen unterzeichnet hatten (dies war ein Beschwichtigungsabkommen, welches die Annexion des auf dem Gebiet der Tschechoslowakei gelegenen Teils des Sudetenlandes durch die Nazis bedeutete), gingen Tausende von Slowaken und Tschechen ins Ausland, um zu kämpfen, und die wenigen, die im besetzten Land blieben, beteiligten sich am Widerstand im Untergrund. Des Weiteren, anstatt die Tschechoslowakei zu besetzen, war ein Kabinett von sympathisierenden tschechischen Helfern in der Lage, die Nazi-Herrschaft hier zu unterstützen. Der verbannte Ministerpräsident, Edvard Beneš, wurde von den Alliierten als selbst ernannter Sprecher eines mitschuldigen Landes angesehen.
In diesem Zusammenhang wurden zwei Fallschirmjäger, Jan Kubis und Josef Gabčík, von den British Special Operations ausgewählt und in Schottland für eine geheime – und wie Ihnen von Anfang an gesagt wurde – Selbstmordmission ausgebildet, um Heydrich zu ermorden.
Am Vormittag des 27. Mai 1942 fuhr Heydrich auf seinem täglichen Weg zur Arbeit den Kobylisy-Hügel hinunter. Als sein offenes, unbegleitetes Auto bei einer Haarnadelkurve die Geschwindigkeit reduzierte, sprang Gabčík vor Heydrichs Fahrzeug und richtete die Sten-Maschinenpistole auf Heydrich und drückte ab. Allerdings funktionierte die Waffe nicht (sie hat wahrscheinlich geklemmt).
Heydrich befahl seinem Fahrer anzuhalten und zog seine Waffe. In diesem Moment kam Kubiš von hinten und schleuderte eine selbst gemachte Granate hinein, die ihr Ziel verfehlte und außerhalb des Fahrzeugs detonierte. Allerdings war diese Explosion ausreichend, um Heydrich zu verwunden, der in ein örtliches Krankenhaus gebracht wurde, wo er einige Tage später verstarb. Während seiner Beerdigung – welche die prestigeträchtigste Nazi-Beerdigung war, die es je gab – war Hitler sichtlich aufgebracht und Heydrich wurde als Vorbild für alle SS-Mitglieder proklamiert.
Im Protektorat war die Antwort der Nazis barbarisch. Das Kriegsrecht wurde erklärt, zwei Dörfer wurden sofort zerstört, und in den folgenden Monaten wurden 5.000 Menschen getötet. Es wurde eine Belohnung für Informationen angeboten, die zur Verhaftung der Mörder führten. Ein Mitglied einer anderen Fallschirmjäger-Einheit, Karel Čurda, verriet seine Kollegen. Am 18. Juni, um 04.15 Uhr, näherte sich die Gestapo der St.-Kyrill-und-Method-Kirche auf der Resslova-Straße, in der sich die beiden Fallschirmjäger versteckten. Nach einem zweistündigen Kampf wurde Kubiš, der das Kirchenschiff bewachte, mit zwei anderen Wachen getötet. Gabčík nahm sich in der Gruft darunter gemeinsam mit drei anderen Fallschirmjägern das Leben.
Im Laufe der Jahre änderte sich die Meinung zu dem Attentat auf Heydrich. Viele waren über die Verluste an Menschenleben entsetzt und glaubten, dass es im Grunde die tschechische Untergrund-Opposition beseitigte. Da die Mission von den Briten stammte (anstatt von den Sowjets oder aus einheimischen Quellen), führte dies auch zu Problemen nach der Machtübernahme durch die Kommunisten. Die Mission wurde offiziell als symbolisch, aber kurzsichtig porträtiert.
In diesen Tagen ergänzen Historiker die Opfer, die erbracht wurden. In den Tagen nach der Mission zog die Regierung von Großbritannien ihre Unterschrift unter das Münchner Abkommen zurück und erkannte die Vorkriegsgrenzen der Tschechoslowakei an. Die französische Regierung tat zwei Monate später das Gleiche. Heydrich – dessen Ermordung eine der bemerkenswertesten Widerstandsaktionen im besetzten Europa war – war der ranghöchste Nazi-Offizier, der getötet wurde, während er im Amt war. Am Jahrestag des Attentats schmücken tschechische Politiker den Bürgersteig in der Nähe der Krypta mit Blumen und Kränzen. Im Jahre 2009 wurde der Ort, an dem Heydrich ermordet wurde (neben der Terezín-Autobahn, im Norden der Stadt), schließlich mit einem angemessenen Denkmal gekennzeichnet.