Spaziergang vom Altstädter Ring zum Gemeindehaus
Während das moderne Herz von Prag auf dem Wenzelsplatz schlägt, bleibt die Vergangenheit der Stadt am Altstädter Ring sehr lebendig. Obwohl er mit seinen Eisständen mit Höchstpreisen, nicht enden wollenden Partys von Führungen und eindringenden Segways (achten Sie auf diesen Fallen) unvermeidlich gewissermaßen eine Touristenfalle geworden ist, kann man nicht umhin, angesichts der riesigen Menge an bewahrter Geschichte, die sich auf diesem einen kleinen Raum zusammendrängt, zu staunen.
Der Altstädter Ring ist seit jeher ein Zentrum für Feiern. Heute drängen sich Menschenmassen hier für das Finale eines internationalen Eishockey-Spiels oder, um die Begeisterung des Weihnachtsmarktes in sich aufzunehmen, aber in der Vergangenheit versammelten sich die Leute für wohl entscheidendere Momente, wie, um die Gründung der Tschechoslowakischen Republik im Jahre 1918 zu begrüßen, und die wilden Feiern von 1989, bei denen die Tschechen die Rückkehr zur Demokratie in ihrem Land eingeläutet haben.
Doch der Platz ist nicht nur ein Zentrum für Feiern. Er birgt auch eine viel dunklere Geschichte – eine von Invasionen, Hinrichtungen und Fensterstürzen (mehr darüber in einem Moment).
1. Ein Hub von Touristen zentriert sich fast permanent rund um den Platz des Alten Rathauses, einem aus dem 14. Jahrhundert stammenden Gebäude, dessen Herzstück die Astronomische Uhr ist, die im Jahre 1410 vom kaiserlichen Uhrmacher Mikuláš von Kadaň hinzugefügt wurde. Zur vollen Stunde blickt ein Meer von Touristen nach oben auf die Uhr, wenn eine Figur, die den Tod darstellt, eine Glocke läutet und ihr Stundenglas umdreht, und die 12 Apostel an einem kleinen Fenster über der Uhr vorbeistolzieren. In den letzten Jahren, da viele diese Szene für einen Höhepunkt als etwas ungeeignet erachtet haben, brüllt ein Trompeter auch eine Fanfare von der Spitze des Turmes hinaus. Das Zifferblatt selbst ist nahezu unglaublich kompliziert. Es zeigt 24 Stunden europäische Zeit, traditionelle böhmische Zeit und die Zeiten von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang.
2. Die berüchtigsten Momente in der Geschichte des Rathauses sind seine Fensterstürze (ein aus dem Tschechischen stammendes Wort, was bedeutet, aus einem offenen Fenster geschleudert zu werden). Der erste davon fand im Jahre 1419 statt, als sieben Mitglieder des Stadtrates von einem wütenden Mob von Hussiten getötet wurden, und der zweite im Jahre 1618, als vier katholische Lordregenten das gleiche Schicksal erlitten. Einige Quellen behaupten jedoch, dass diese zweite Gruppe von Opfern auf einem riesigen Misthaufen gelandet ist, und damit diesem Vorfall unverletzt entkamen. Wenn Sie Glück haben und zur richtigen Zeit dort sind, können Sie sich eine der spektakulären Licht- und Ton-Shows ansehen, die auf den Turm projiziert werden und dessen wechselvolle Geschichte zurückrufen.
3. Rechts neben der Uhr und in Richtung der Mitte des Platzes steht das oxidierte Jan-Hus-Denkmal. Dieser unwahrscheinliche Nationalheld wird jeden 6. Juli in einem nationalen Feiertag gefeiert. Hoch über dem Altstädter Ring erhebt sich die Teynkirche, die einst von den Hussiten kontrolliert wurde. Sie ist eine der größten Kirchen der Stadt und eine weitere architektonische Errungenschaft von Karl IV. (berühmt durch die Karlsbrücke). Abgesehen davon nahm die Vollendung des Gebäudes, das Sie vor sich sehen, einige Zeit in Anspruch. Die Arbeiten an der Kirche begannen im Jahre 1365, aber der Südturm wurde erst 1511 fertiggestellt. Halten Sie Ausschau nach den vier kleinen Türmen, die um die größeren herum positioniert sind – dies bezeichnet einen Hinrichtungsort, ein Ort, an dem zahlreiche Hussiten ihre Köpfe verloren. Die Kirche mag zwar ein gotisches Äußeres haben, aber recken Sie Ihren Kopf um ihren Eingang und eine andere Geschichte offenbart sich, die des schweren Barockeinflusses. Im Inneren befindet sich die älteste Orgel von Prag.
4. Das Verlassen des Altstädter Rings kann sich mit der Kombination aus superengen Durchgängen und nicht endenden Touristenschwärmen als eine heikle Angelegenheit erweisen. Ihre beste Option ist der Ausgang durch die Železná, der Sie direkt zu einem offeneren, ruhigeren Ort und zum Ständetheater führt – ein neoklassisches Gebäude, das ein bisschen wie eine grüne Hochzeitstorte aussieht. Dieses Theater stellt Mozarts Verliebtheit in Prag dar, und es war hier, wo das Genie seine Weltpremiere von Don Giovanni abhielt. Draußen an der Vorderseite des Theaters hockt die gruselige Komturstatue aus dieser Oper. Vielleicht erkennen Sie auch die Innenausstattung aus blauem Samt wieder, Aufnahmeort für den Oscar-prämierten Film Amadeus, der vom tschechischen Regisseur Miloš Forman verfilmt wurde.
5. Auf der linken Seite des Ständetheaters befindet sich das Karolinum, das von Karl IV. im Jahre 1348 als erste Universität in Mitteleuropa gegründet wurde. Während seiner Erweiterung wurde der Komplex mit Hörsälen, einem Spa und bizarrerweise einem Gefängnis ausgestattet. Das herausragende Merkmal des Gebäudes ist sein gotischer Erker, der aus dem Jahre 1370 stammt und mit dekorativen Steinmetzarbeiten verziert ist, deren vollständige Würdigung Stunden, wenn nicht Tage, dauern würde. Heute wird das Karolinum weitgehend für Abschlussfeiern benutzt.
6. Gehen Sie die rechte Seite des Ständetheaters hinunter und folgen Sie der Ovocnýtrh auf der linken Seite, wo Sie über das Haus der Schwarzen Madonna stolpern werden – ein äußerst seltenes Beispiel des tschechischen Kubismus, eine Bewegung, welche im Zeitraum zwischen 1910 und 1914 existierte, und durch den Beginn des Ersten Weltkriegs ausgerottet wurde. Das Haus der Schwarzen Madonna beherbergt zwei Orte von großem Interesse, der erste ist ein kubistisches Museum und Souvenirladen, der zweite das aufwendig restaurierte Grand Café Orient, wo Sie eine dicke heiße Schokolade oder ein Glas Wein genießen können, während Sie klassische Musik, auf dem Konzertflügel geklimpert, anhören. Wenn dieses Gebäude Ihren Appetit auf tschechischen Kubismus geweckt hat, sollten Sie sich auch die von Josef Chochol gestaltete Villa, die sich flussaufwärts Richtung Vyšehrad befindet, anschauen.
7. Betreten Sie jetzt die Celetná, wo Sie sofort Blick auf den Pulverturm haben – ein gotisches Bauwerk, das einst Teil der Verteidigungsanlagen der Stadt war. Es war auch der Ort, an dem – bis 1836 – böhmische Monarchen auf ihrem Weg zur Krönung im St.-Veits-Dom passierten. Heute können Sie seine 186 Stufen hinaufgehen und einer der besten Aussichten auf die Neustadt genießen.
8. Angeschlossen an den Pulverturm befindet sich wohl Prags schönstes Beispiel von Jugendstil-Kunst. Es ist das Ergebnis der gemeinsamen Anstrengungen von vielen führenden Künstlern und Architekten des Landes aus jener Zeit, einschließlich Alfons Mucha, der einige der Wandmalereien im Inneren geschaffen hat. Im Inneren befindet sich ein Café, zwei Restaurants und die vor kurzem restaurierte American Bar, wo man Ihnen stilvoll einen Manhattan mixt. Für ein kulinarisches Erlebnis im Jugendstil, gleichermaßen üppig, aber zu einem attraktiveren Preis, überqueren Sie den Platz der Republik und gehen Sie fünf Minuten die Na poříčí hinunter, wo das Café Imperial auf Ihrer linken Seite auftaucht. Hier können Sie richtig gute Eggs Benedict in ägyptisch geprägtem Prunk genießen.